Ich weiß nicht genau, wer wem den Floh ins Ohr setzte, aber seit einigen Wochen gab es zwischen Christoph und Maxl nur noch ein Thema: Der Windlegergrat. „Längster Grat der Ostalpen“, „bester Dachsteinkalk“ und „muss man einfach mal gemacht“. hörte ich von beiden Seiten. Schließlich war auch mein Interesse geweckt und ich machte mich mal im Internet schlau. Hier war eher die Rede von „stellenweise fester Fels, meist brüchig, wenige feste Passagen“, „unübersichtlicher, als es von unten den Anschein macht“, „was für Rock´n´Roll-Alpinisten“, „schlecht absicherbar“ und „Fehleinschätzungen enden hier meist mit dem Heli“. Aber dann nahte das Wochenende, das Wetter war gut angesagt und Zeit hatte ich auch, also beschloss ich, mich den beiden Eder-Buam anzuschließen.
Am Samstagabend starteten wir los und erreichten bei
Einbruch der Dunkelheit den Wandfuß. Ruhig und mächtig ragte die
Dachsteinsüdwand in den Himmel während wir in unsere Schlafsäcke krochen,
Sterne zählten und den Sternschnuppen geheime Wünsche nachschickten.
Um fünf Uhr läutete der Wecker und kurz vor sechs Uhr
standen wir bereits beim Einstieg der Tour. Topmotiviert tauschten wir Berg-
gegen Kletterschuhe und starteten los. Nach recht kurzer Zeit erwartete uns
schon die erste schwierigere Stelle und wir beschlossen, das Seil auszupacken. Brüchiges
Gestein, durchgehende Ausgesetzheit, oft schwierige Routenfindung, kaum
Sicherungsmöglichkeiten – der Windlegergrat forderte uns alle ordentlich und so
beschlossen wir, etwas weniger zu riskieren und mit Seil zu klettern. Das
kostete uns natürlich viel Zeit und so entschieden wir, uns mit dem unteren
Teil des Grates zufrieden zu geben und die Abseilpiste beim Gratfenster zu
nützen.
Die Erleichterung war groß, als wir nach 11 Stunden endlich wieder
festen Boden unter den Füßen hatten und die schmerzenden Zehen aus den
Kletterschuhen befreien konnten.
Müdigkeit – Erleichterung, die Tour heil überstanden zu
haben – Stolz, zumindest den unteren Teil des Grates bewältigt zu haben – Enttäuschung,
nicht auf dem Gipfel gestanden zu seien – Herzrasen, bei den Gedanke an die
ausgesetzte Kletterei und die zahlreichen brüchigen Stellen – Freude, so einen
abenteuerlichen Tag erlebt zu haben – Glück, solche Kletterpartner zu haben –
Dankbarkeit, in dieser Umgebung zu leben… all diese Emotionen begleiteten uns
auf dem Abstieg ins Tal.
Und während unmittelbar nach der Tour noch Phrasen tönten
wie „so ein Bruchhaufen“, „das hat uns ordentlich Gas gegeben“, „wieso tut man
sich das an??“ und „ich geh lieber wieder bouldern“, so hört man jetzt schon
wieder Meldungen wie „der obere Teil soll ja viel bessere Felsqualität haben“. „war
schon ein genialer Tag“ und „wann holen wir uns den Gipfelsieg?“…
2 Kommentare:
Nach einer Woche verdauen bin ich bereit für den zweiten Teil. Wann gemma wieder?
Klingt jedenfalls sehr emotional! Gut gemacht!!
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